
Mit Zahlungserinnerungen und Mahnverfahren sichern Onlinehändler ihre Forderungen ab.
Im E-Commerce gehört es leider zum Alltag, dass nicht alle Kunden fristgerecht zahlen. Die Gründe sind vielfältig:
- Vergesslichkeit.
- Finanzielle Engpässe.
- Überschuldung.
- Bewusste Zahlungsverweigerung und Betrug.
- Schlechte Usablity des Onlineshops. Beispiel: Bei der Eingabe einer IBAN in eine Formularfeld findet keine automatisierte Validierung der Nummer statt.
Ausstehende Zahlungen können zur finanziellen Belastung für Onlinehändler werden und sich negativ auf die Motivation des Teams auswirken. Ein professionelles und rechtssicheres Mahnwesen hat die Aufgabe, berechtigte Forderungen durchzusetzen.
Zahlungserinnerung: Der freundliche erste Schritt
Bevor rechtliche Schritte eingeleitet werden, sollten Händler ihren Kunden eine freundliche Zahlungserinnerung senden. Diese informiert darüber, dass die Zahlungsfrist überschritten wurde und die Forderung weiterhin offen ist.
Inhalte einer Zahlungserinnerung:
- Kunden- und Rechnungsnummer
- Rechnungsdatum und Betrag
- Ursprüngliches Zahlungsziel
- Höfliche Bitte um Begleichung der Rechnung
- Neue Frist zur Zahlung (z. B. 7 Tage)
- Kontaktmöglichkeit bei Rückfragen
Tipp: Verwenden Sie einen sachlich-freundlichen Ton. In vielen Fällen reicht diese Erinnerung bereits aus, um die Zahlung zu erhalten.
Mahnverfahren in mehreren Stufen
Bleibt die Zahlung trotz Erinnerung aus, folgt in der Regel ein gestuftes Mahnverfahren mit ein bis drei Mahnungen.
Typische Mahnstufen im Überblick:
- 1. Mahnung: Sachlich, erinnert erneut an die offene Rechnung, evtl. mit Hinweis auf Mahngebühren bei weiterer Nichtzahlung.
- 2. Mahnung: Deutlicher im Ton, evtl. mit Ankündigung rechtlicher Schritte.
- 3. Mahnung (Letzte Mahnung): Setzt eine letzte Frist und kündigt gerichtliches Mahnverfahren oder Inkasso an.
Hinweis: Gesetzlich vorgeschrieben ist ein angestuftes Mahnverfahren nicht – rechtlich gesehen kann nach Verzugseintritt sofort ein gerichtliches Mahnverfahren eingeleitet werden. Die außergerichtliche Mahnung ist jedoch wirtschaftlicher.
Rechtlicher Rahmen: Wann gerät der Kunde in Verzug?
Ein Schuldner gerät nach § 286 BGB automatisch 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang der Rechnung in Verzug – vorausgesetzt, er wurde auf diese Frist hingewiesen. Bei Verbrauchern (B2C) muss dieser Hinweis erfolgen, bei Geschäftskunden (B2B) ist er üblich, aber nicht zwingend.
BGB § 286 Verzug des Schuldners
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
1. für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
Folgen des Verzugs:
- Anspruch auf Verzugszinsen (aktuell 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz bei Verbrauchern, 9 bei Unternehmen)
- Anspruch auf Ersatz weiterer Verzugsschäden
- Inkassokosten sind ggf. erstattungsfähig
Inkasso, gerichtliches Mahnverfahren oder Klage?
Wenn auch Mahnungen wirkungslos bleiben, stehen zwei Wege offen:
- Inkassobüro: Übernimmt die Forderungseinziehung außergerichtlich. Vorteil: Geringer Aufwand für den Händler. Nachteil: Zusatzkosten und potenzieller Reputationsverlust.
- Gerichtliches Mahnverfahren: Über das zuständige Mahngericht kann ein Mahnbescheid beantragt werden. Widerspricht der Schuldner nicht, kann ein Vollstreckungsbescheid erwirkt werden.
Portal für Ansprechpartner: https://www.mahngerichte.de/
Wichtig: Das gerichtliche Mahnverfahren ist keine Klage und kostengünstiger und schneller als eine Klage – insbesondere bei unstrittigen Forderungen. Die Klage ist das wirklich letzte Mittel.
Digitale Tools und Automatisierung
Einige E-Commerce-Systeme bieten Schnittstellen zu Buchhaltungs- und Mahnsoftware. Diese automatisieren Zahlungserinnerungen und Mahnprozesse, reduzieren manuellen Aufwand und minimieren das Risiko menschlicher Fehler.
Vorteile:
- Automatisierte Zahlungsüberwachung
- Vorlagen für Mahnstufen
- Integration mit Inkassodiensten oder Mahngerichten
Fazit: Professionelles Mahnwesen schafft Liquidität, sollte aber mit Fingerspitzengefühl eingesetzt werden.