2. Geschäftsmodelle und Rahmenbedingungen des E-Commerce

Der E-Commerce hat sich von der Nische zur Selbstverständlichkeit gewandelt. Beschleunigt wurde diese Entwicklung durch die Einschränkungen des stationären Handels während der Jahre 2020 bis 2022. Stichwort: Corona.

Wo 2020 noch eine Telefonnummer oder eine handgeschrieben E-Mailadresse im Schaufenster platziert war, ist heute eine Shopadresse zu sehen. Zugegeben, noch nicht überall, aber das kann ja noch werden.

Entscheidend für das Wachstum des E-Commerce sind die Rahmenbedingungen für die verschiedenen Geschäftsmodelle.


Geschäftsmodelle im E-Commerce

Der E-Commerce bietet eine Vielzahl von Geschäftsmodellen, die sich je nach Zielgruppe, Produkt und Strategie unterscheiden. Im Folgenden sind die wichtigsten Modelle dargestellt:

B2C – Business to Consumer

Beim B2C-Modell verkaufen Unternehmen direkt an Endverbraucher. Dies ist die bekannteste Form des E-Commerce. Typisch sind Onlineshops wie Notebooksbilliger, Zalando oder MediaMarkt. Erfolgsfaktoren:

  • Bekanntheit der Marke.
  • Vertrauen in die Marke.
  • Usability (Benutzerfreundlichkeit) des Onlineshops.
  • Integration mit dem stationären Handel. Stichwort: Omnichannel<

B2B – Business to Business

Hier erfolgt der Handel zwischen Unternehmen. Typisch sind spezialisierte Plattformen für Industriebedarf, Großhandel oder Softwarelösungen. B2B-Geschäfte zeichnen sich durch größere Bestellmengen und Mengenrabatte, gut überlegte Kaufentscheidungen und individuelle Preisgestaltung aus. Merksatz für den Einzelhandel: „Spare beim Einkauf“.

C2C – Consumer to Consumer

Bei diesem Modell verkaufen Privatpersonen Produkte oder Dienstleistungen untereinander, meist über Plattformen wie eBay oder Kleinanzeigenportale. Der Plattformbetreiber fungiert hier als Vermittler.

Größte Plattform in Deutschland ist kleinanzeigen.de, ehemals eBay Kleinanzeigen. Die Plattform gehört heute zur norwegischen Adevinta-Gruppe, die wiederum mit 33 Prozent an eBay beteiligt ist.

D2C – Direct to Consumer

Viele Hersteller umgehen heute die Zwischenhändler und verkaufen direkt an Endkunden, meist über eigene Onlineshops. Dieses Modell erlaubt eine engere Kundenbindung und höhere Gewinnmargen. Beispiel: Der Spieleverlag Ravensburger.

Plattform-Modelle und Marktplätze

Amazon, eBay oder Etsy bieten professionellen Händlern (und Privatpersonen) eine Infrastruktur, um Produkte zu verkaufen. Diese Plattformen stellen Technik zur Verfügung, verlangen aber Provisionen und zusätzliche Gebühren für die Erhöhung der Reichweite auf der jeweiligen Plattform.

Der Amazon Marketplace

Der Amazon Marketplace ist ein E-Commerce-Marktplatz, auf dem Drittanbieter (Verkäufer) ihre Produkte neben den Angeboten von Amazon selbst verkaufen können. Käufer können auf dem Marketplace von verschiedenen Verkäufern Produkte auswählen und direkt über die Amazon-Plattform bestellen

Arten von Amazon-Marketplace-Verkäufern

  • Gewerbliche Verkäufer: Unternehmen, die Produkte professionell bei Amazon verkaufen.
  • Individuelle Verkäufer: Leute, die gelegentlich Artikel verkaufen, nicht als Geschäft.

Abonnementmodelle (Subscription)

Kunden zahlen regelmäßig (z. B. monatlich) für den Zugriff auf Produkte oder Dienstleistungen. Beispiele sind Streamingdienste, Software-Abos oder „Subscription Boxes“.

Print on Demand

Der Print on Demand-Anbieter MerchCamp

Wichtig zu wissen:

  • Wie gut ist die Schnittstelle zwischen dem Print on Demand-Anbieter und meinem (!) Shopsystem?
  • Wo befinden sich die Logistikzentren eines Print on Demand-Anbieters? Aus welchem Land wird die Ware versendet? Wichtig sind die Standorte für Steuern und Zölle!

Beispiele: MerchCamp und Printify

Dropshipping

Händler verkaufen Produkte, ohne sie selbst zu lagern. Die Bestellung wird direkt vom Lieferanten an den Kunden versendet. Vorteil: geringes Risiko. Nachteil: eingeschränkte Kontrolle über Qualität und Versand.

Collaborative Consumption – Die Zukunft des Teilens

Die Art, wie Menschen konsumieren, verändert sich grundlegend. Weg von Besitz, hin zu Zugang. Dieser Wandel wird durch das Konzept des Collaborative Consumption – zu Deutsch: kollaborativer Konsum – getragen. Dabei geht es um das gemeinsame Nutzen von Ressourcen statt individuellen Besitz. Plattformen wie Airbnb, Uber oder nebenan.de sind bekannte Beispiele dieses Trends, der nicht nur ökonomische, sondern auch ökologische und soziale Potenziale bietet.


Was ist Collaborative Consumption?

Collaborative Consumption beschreibt ein soziales und wirtschaftliches Modell, bei dem Güter und Dienstleistungen gemeinschaftlich genutzt, getauscht, vermietet oder geteilt werden. Die Idee ist nicht neu – Carsharing oder Bibliotheken sind klassische Vorläufer – doch durch digitale Plattformen erlebt das Konzept eine globale Renaissance.

Die drei Hauptformen sind:

  • Product Service Systems: Produkte werden als Dienstleistung angeboten (z. B. Carsharing, Werkzeugverleih).
  • Redistribution Markets: Weitergabe nicht mehr genutzter Güter (z. B. eBay, Vinted).
  • Collaborative Lifestyles: Gemeinsame Nutzung immaterieller Ressourcen (z. B. Co-Working, Couchsurfing).

Treiber des kollaborativen Konsums

a) Digitalisierung

Digitale Plattformen ermöglichen die einfache Vernetzung von Angebot und Nachfrage. Bewertungssysteme schaffen Vertrauen zwischen Fremden, was kollaborative Nutzung überhaupt erst praktikabel macht.

b) Nachhaltigkeitsbewusstsein

Immer mehr Menschen hinterfragen den Konsum auf Kosten von Umwelt und Gesellschaft. Teilen statt Besitzen wird als Beitrag zu einem verantwortungsvollen Lebensstil gesehen.

c) Wirtschaftliche Faktoren

Gerade in Krisenzeiten wächst die Attraktivität von Modellen, die Geld sparen oder zusätzliche Einnahmen ermöglichen. Collaborative Consumption kann zur ökonomischen Resilienz beitragen.


Beispiele für Collaborative Consumption

BereichBeispielBeschreibung
MobilitätBlaBlaCar, Share NowMitfahrgelegenheiten und Carsharing
WohnenAirbnb, CouchsurfingTemporäre Zimmervermietung oder kostenlose Gastfreundschaft
ArbeitsweltWeWork, betahausGemeinsame Nutzung von Büroräumen (Co-Working)
Haushalt & Freizeitnebenan.de, Tool LibrariesNachbarschaftshilfe, gemeinschaftliche Nutzung von Werkzeugen, Geräten etc.
KleidungVinted, KleidertauschSecondhand-Mode oder Kleidertausch-Plattformen

Chancen und Vorteile

  • Ressourcenschonung: Weniger Produktion durch effizientere Nutzung vorhandener Güter.
  • Soziale Vernetzung: Fördert Gemeinschaft und Vertrauen im lokalen Umfeld.
  • Kostenersparnis: Nutzer sparen Geld, Anbieter können Einkommen generieren.
  • Innovation und Vielfalt: Neue Geschäftsmodelle und kreative Nutzungskonzepte entstehen.

Herausforderungen und Kritik

  • Regulierung: Viele Modelle bewegen sich in rechtlichen Grauzonen (z. B. bei Airbnb oder Uber).
  • Arbeitsrechte: Plattformarbeit kann prekäre Beschäftigungsverhältnisse fördern.
  • Kommerzialisierung: Aus ursprünglichen Tauschmodellen entstehen oft profitorientierte Plattformen.
  • Vertrauensprobleme: Sicherheit und Datenschutz bleiben zentrale Themen.

Ausblick: Wird Teilen das neue Haben?

Collaborative Consumption ist mehr als ein Trend – es ist Ausdruck eines gesellschaftlichen Paradigmenwechsels. Vor dem Hintergrund von Klimawandel, Ressourcenknappheit und Urbanisierung wird das gemeinsame Nutzen von Gütern zunehmend an Bedeutung gewinnen. Besonders in Städten mit begrenztem Raum und hoher Mobilität bietet das Modell viele Vorteile.

Allerdings hängt der nachhaltige Erfolg von kollaborativem Konsum stark davon ab, wie fair, transparent und inklusiv die zugrunde liegenden Plattformen und Geschäftsmodelle gestaltet sind.


Fazit

Collaborative Consumption steht für einen intelligenten, sozialen und ressourcenschonenden Umgang mit Konsumgütern. Er verbindet technologische Innovation mit alten Werten wie Teilen, Vertrauen und Gemeinschaft. Wenn dieser Ansatz bewusst und fair weiterentwickelt wird, kann er einen bedeutenden Beitrag zu einer nachhaltigeren Wirtschaft und Gesellschaft leisten.


Rahmenbedingungen des E-Commerce

Neben der Wahl des Geschäftsmodells müssen E-Commerce-Anbieter eine Vielzahl rechtlicher, technischer und organisatorischer Vorgaben beachten.

Rechtliche Rahmenbedingungen

  • Impressumspflicht: Jedes geschäftsmäßige Onlineangebot benötigt ein rechtssicheres Impressum mit vollständigen Unternehmensdaten. Achtung: Für den Gesetzgeber sind über 99 % aller Websites in irgendeiner Weise mit kommerziellen Interessen verbunden. Auch Websites ohne Shopfunktion und Präsenzen gemeinnütziger Organisationen benötigen ein rechtskonformes Impressum!
  • Datenschutz (DSGVO): Der Schutz personenbezogener Daten ist in Europa gesetzlich geregelt. Websitebesucher müssen über die Datennutzung informiert und ihre Zustimmung eingeholt werden, insbesondere bei der Auftragsdatenverarbeitung (AV).
  • Widerrufsrecht: Verbraucher haben bei Onlinekäufen ein Widerrufsrecht von mindestens 14 Tagen. Eine Belehrung der Verbraucher über das Widerrufsrecht ist Pflicht.
  • AGB: Allgemeine Geschäftsbedingungen regeln Rechte und Pflichten beider Parteien, müssen jedoch verständlich und rechtlich zulässig sein. Bei der Ausgestaltung der AGB setzt der Gesetzgeber Schranken.
  • Produktinformationen: Klare, wahrheitsgemäße Angaben zu Produkten.
  • Klare Angaben zu Lieferzeiten, Versandkosten und weiteren Gebühren.
  • Preisangabenverordnung (PAngV): Preise müssen inklusive Mehrwertsteuer und Versandkosten angegeben werden. Grundpreise (z. B. €/kg) sind bei vielen Produkten verpflichtend.
  • Transparenz von Bewertungen: Es besteht die Pflicht, über das Zustandekommen von Produktbewertungen zu informieren.
  • Umweltschutz: Eintragung ins Verpackungsregister und je nach Sortiment weiteren Registern, zum Beispiel dem Elektro-Altgeräte-Register.
  • Barrierefreiheit: Websites müssen ab dem 28. Juni für Menschen mit körperlichen Einschränkungen zugänglich sein. Informationen zum BFSG.

Responsible Webdesign

Mobile Optimierung: Ein Großteil der Nutzer kauft per Smartphone – Shops müssen mobil benutzerfreundlich sein.

Steuerliche Aspekte

  • Umsatzsteuer: Onlinehändler müssen die jeweils gültige Mehrwertsteuer berechnen und abführen. Bei grenzüberschreitendem Handel gelten spezielle Regelungen (z. B. OSS-Verfahren in der EU).
  • Buchführungspflicht: Alle Einnahmen und Ausgaben müssen korrekt dokumentiert werden. Kompliziert wird die Buchführung bei der Inanspruchnahme von Fulfillment-Dienstleistern, die Logistikzentren im Ausland betreiben, zum Beispiel Amazon Fulfillment. Hier sind Unternehmen auf einen spezialisierten Steuerberater angewiesen.

Kleinunternehmen

  • Für Kleinunternehmen (bis 25.000 € Umsatz pro Jahr) gilt keine Umsatzsteuer-Pflicht.
  • Achtung: Der Kleinunternehmer-Status wird vom Finanzamt „verliehen“.
  • Bei der Unternehmensgründung (und später) besteht die Möglichkeit, auf den Kleinunternehmerstatus zu verzichten, trotz Unterschreitung der Umsatzgrenze.
  • Im Shop müssen Kleinunternehmen auf ihren Status hinweisen (§ 19 UStG).

Zahlungsabwicklung

  • Einbindung von Zahlungsdienstleistern wie PayPal, Stripe oder Mollie.
  • Sichere Zahlungsabwicklung: SSL-Verschlüsselung!

Kundenservice

  • Professioneller Umgang mit Retouren.
  • Kundenservice: Rückfragen und Beschwerden müssen professionell abgewickelt werden.

Online-Marketing im E-Commerce

Ein Ladengeschäft hat, je nach Lage, auch Laufkundschaft. Im E-Commerce gelten andere Bedingungen. Ohne SEO- und Marketingmaßnahmen bleibt ein Onlineshop im Internet unsichtbar. Wichtige Instrumente sind:

  • Suchmaschinenoptimierung (SEO): Bessere Sichtbarkeit bei Google, Bing und anderen Suchmaschinen.
  • Suchmaschinenwerbung (SEA): Bezahlte Anzeigen, z. B. über Google Ads.
  • E-Mail-Marketing: Kundenbindung durch Newsletter.
  • Social Media Marketing: Nutzung von Plattformen wie Instagram (zum Branding, also der Markenbildung) oder YouTube (um Traffic auf den eigenen Onlineshop umzuleiten).

Dienstleister für den Onlinehandel

Vertrauen aufbauen: Vertrauen entsteht zum Beispiel durch gut gepflegte Social-Media-Präsenzen, durch einen angeschlossenen Blog, durch Kundenbewertungen oder durch „Badges“, also Siegel.

Anbieter sind zum Beispiel der Händlerbund und Trusted Shops.

Erfolgskriterien für den Onlinehandel

Wer erfolgreich im E-Commerce starten möchte, sollte folgende Punkte beachten:

  • Zielgruppenanalyse: Wer sind meine Kunden und was erwarten sie?
  • Produktstrategie: Was macht mein Angebot besonders oder einzigartig? Tipp: Biete etwas an, was es auf Amazon nicht zu kaufen gibt.
  • Benutzerfreundlichkeit: Der Onlineshop sollte möglichst intuitiv bedienbar sein. Die Auswahl des richtigen Shopsystems ist dabei die wichtigste Weichenstellung.

Tipps

Die Wahl des passenden Geschäftsmodells und das Verständnis der Rahmenbedingungen sind zentrale Voraussetzungen für den Erfolg im E-Commerce.

Im E-Commerce ist es verhältnismäßig einfach, nicht nur das Sortiment, sondern auch das bestehende Geschäftsmodell zu erweitern, zum Beispiel durch den Einstieg ins B2B-Geschäft.