17. Controlling und Kennzahlen im E-Commerce

Der Online-Handel ist ein dynamisch wachsender Markt mit hoher Wettbewerbsintensität und ständigem Innovationsdruck. Das Controlling ermöglicht es Online-Händlern, ihre Geschäftsprozesse zu steuern, fundierte Entscheidungen zu treffen und wettbewerbsfähig zu bleiben. Im Zentrum des Controllings stehen Kennzahlen, die einen schnellen Überblick über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens bieten.

Die Rolle des Controllings im Online-Handel

Controlling im Online-Handel umfasst mehr als nur Kostenkontrolle. Es ist ein strategisches Instrument, das Transparenz schafft, Potenziale identifiziert und zielgerichtetes Handeln unterstützt. Zu den Kernaufgaben gehören:

  • Planung (z. B. Umsatz- und Kostenplanung)
  • Überwachung (Soll-Ist-Vergleiche, Abweichungsanalysen)
  • Steuerung (Einleitung von Maßnahmen bei Zielabweichungen)
  • Informationsversorgung (Bereitstellung relevanter Daten für Entscheidungsträger)

Wichtige Kennzahlen im Online-Handel

Im Online-Handel gibt es eine Vielzahl an Kennzahlen, die zur Steuerung herangezogen werden können. Sie lassen sich grob in fünf Kategorien unterteilen:

Umsatz- und Ertragskennzahlen

  • Umsatz: Gesamtumsatz oder Umsatz pro Kanal (z. B. Eigener Shop und Marktplätze)
  • Deckungsbeitrag: Umsatz minus variable Kosten – zeigt, ob ein Produkt oder eine Kategorie profitabel ist
  • Rohertrag: Differenz zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis (ggf. nach Retouren)

Marketing- und Vertriebskontrolle

  • Conversion Rate: Verhältnis von Besuchern zu Käufern (z. B. 2 % = 1 Kauf bei 50 Besuchern)
  • Cost per Order (CPO): Marketingkosten je Bestellung – misst die Effizienz von Werbekampagnen
  • Customer Acquisition Cost (CAC): Kosten zur Gewinnung eines Neukunden
  • Customer Lifetime Value (CLV): Wert eines Kunden über die gesamte Geschäftsbeziehung hinweg

Kundenkennzahlen

  • Wiederkaufsrate: Anteil der Kunden, die erneut kaufen – wichtig für Kundenbindung
  • Retourenquote: Anteil der retournierten Bestellungen – besonders relevant im Fashion-Bereich

Der Average Order Value (AOV)

AOV-Zahlen im Beispiel:

Dezember 202323,94 €
Dezember 202417,51 €

Um den Average Order Value (AOV) – also den durchschnittlichen Bestellwert pro Kauf – zu erhöhen, gibt es verschiedene bewährte Maßnahmen, die du abhängig vom Geschäftsmodell einsetzen kannst. Hier sind einige Strategien:


Cross-Selling

  • Definition: Biete verwandte oder ergänzende Produkte während oder nach dem Kauf an.
  • Beispiel: Beim Verkauf eines Brettspiels eine Erweiterung vorschlagen.
  • Platzierung: Auf der Produktseite …
  • Oder in einem personalisierten Newsletter nach dem Kauf (erhöht nicht direkt den AOV)

Up-Selling

  • Definition: Motiviere Kunden, eine höherwertige oder größere Variante des Produkts zu kaufen.
  • Beispiel: Anstatt der Standard-DAW-Version die „Pro“-Variante mit mehr Funktionen empfehlen.
  • Hinweis: Muss den Mehrwert klar und schnell erkennbar machen.

Mengenrabatte & Bundles

  • Definition: Ermutige Kunden, mehr auf einmal zu kaufen, indem du Rabatte oder Produktpakete anbietest.
  • Beispiel: „3 Gitarrensaiten-Sets kaufen, nur 2 bezahlen“ oder „Producer Bundle“ mit Samples, Loops & VSTs.

Mindestbestellwert für Vorteile

  • Definition: Setze einen Mindestbestellwert für kostenlosen Versand, Bonusartikel oder Rabatte.
  • Beispiel: „Kostenloser Versand ab 50 €“ oder „Gratis DAW-Preset-Pack ab 75 € Bestellwert“.

Limitierte Angebote & Zeitdruck

  • Definition: Biete zeitlich begrenzte Upgrades, Rabatte oder Bundles an.
  • Psychologie: Fördert Impulskäufe und steigert die Warenkorbgröße.
  • Beispiel: „Nur heute: 20 % Rabatt auf Soundpacks ab 2 Stück!“

Treueprogramme mit Schwellenwerten

  • Definition: Belohne Kunden ab bestimmten Einkaufswerten mit Punkten, Rabatten oder Geschenken.
  • Beispiel: „Erhalte 100 Bonuspunkte bei Bestellungen über 60 €.“

Personalisierte Empfehlungen

  • Definition: Nutze Kaufverhalten oder Browsing-Daten, um individuell passende Empfehlungen zu geben.
  • Beispiel: „Du hast Synth-Presets gekauft – hier sind passende Drumkits.“

Live-Chat oder Beratung

  • Definition: Ein aktiver Support hilft, Unsicherheiten zu klären und höherwertige Produkte zu empfehlen.
  • Einsatz: Besonders effektiv bei teuren Produkten oder technischen Fragen.

Fazit:

Die effektivsten AOV-Strategien kombinieren psychologische Trigger (z. B. Verknappung, Belohnung), technologische Tools (Personalisierung, automatisiertes Up-/Cross-Selling) und guten Service. Für Musiker oder musikorientierte Shops ist es wichtig, authentisch und zielgruppengerecht zu kommunizieren – z. B. mit gezielten Empfehlungen nach Genre, Equipment oder Produktionsstil.

Lager- und Logistikkennzahlen

  • Lagerumschlagshäufigkeit: Wie oft wird der Lagerbestand pro Jahr verkauft?
  • Lieferzeit & Termintreue: Durchschnittliche Versanddauer und Einhaltung von Lieferzusagen
  • Out-of-Stock-Rate: Anteil der nicht verfügbaren Produkte

5. Web-Analytics-Kennzahlen

  • Traffic: Anzahl der Besucher (Unique Visitors, Sessions)
  • Absprungrate (Bounce Rate): Anteil der Besucher, die nur eine Seite besuchen und dann abspringen
  • Verweildauer: Durchschnittliche Zeit, die Besucher auf der Website verbringen

Controlling-Tools im E-Commerce

Zur Erhebung und Analyse dieser Kennzahlen stehen zahlreiche Tools zur Verfügung:

  • Web-Analytics: z. B. Google Analytics, Matomo
  • ERP- und Warenwirtschaftssysteme: z. B. plentymarkets, JTL
  • Business Intelligence (BI)-Systeme: z. B. Power BI, Tableau
  • Shop-Systeme mit integrierter Analyse: Shopify, Shopware, WooCommerce

Die Auswahl der richtigen Tools und die systematische Integration der Datenquellen sind entscheidend für ein effizientes Controlling.

Fazit

Im Online-Handel schafft datenbasiertes Handeln die nötige Transparenz, um fundierte Entscheidungen zu treffen und Prozesse kontinuierlich zu optimieren. Dabei bilden Kennzahlen das Fundament für eine zielgerichtete Steuerung. Erfolgreiche Online-Händler setzen auf ein strukturiertes Controlling-System, das nicht nur auf kurzfristige Erfolgskennzahlen schaut, sondern auch strategische Aspekte wie Kundenbindung, Skalierbarkeit und Margenentwicklung berücksichtigt.